Aufsichtspflicht nach BGB PDF Drucken E-Mail

Aufsichtspflicht (§ 83 BGB)





Aufsichtspflicht ist die gesetzliche Pflicht aller Eltern, ihr Kind so zu betreuen und zu
beaufsichtigen, dass weder die Kinder selbst noch ein Dritter durch das Verhalten der
Kinder einen Schaden erleidet.
Sie wird im Rahmen eines Tagespflegeverhältnisses in der Regel auf die
Tagesmutter/den Tagesvater übertragen.

Aufsichtsbedürftig sind gemäß § 832 BGB alle Personen, die wegen Minderjährigkeit
(alle Personen unter 18 Jahren) oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes
der Beaufsichtigung bedürfen.

Inhalt und Umfang der Aufsichtspflicht

Ob der Aufsichtspflichtige seiner Aufsicht genügt hat, richtet sich danach, ob er alles getan hat, was von einem verständigen Aufsichtspflichtigen in seiner Lage und nach den Umständen des Einzelfalles vernünftigerweise und billigerweise verlangt werden kann, um die Schädigung eines Dritten oder des Kindes selbst zu verhindern (BGH). Dabei kommt es an

1. auf das aufsichtsbedürftige Kind, insbesondere auf
- sein Alter (z.B. bedürfen Kleinkinder einer besonderen Aufsicht und dürfen regelmäßig nicht längere Zeit sich selbst überlassen werden; bei älteren Kindern können Kontrollen in regelmäßigen Abständen genügen)
- den Stand seiner geistigen Entwicklung und Erziehung (je geringer der Erfolg der bisherigen Erziehung ist, umso intensiver muss die Aufsicht sein)
- seine Fähigkeiten (Kenntnis und Beachtung der Regeln und Gefahren im Straßenverkehr, Sicherheit im Umgang mit Dreirad, Roller, Fahrrad, Skateboard, Kickboard oder Inline-Skater)
- individuelle Eigenarten und Charaktereigenschaften (Ist das Kind ängstlich oder leichtfertig, besonnen oder jähzornig, folgsam oder eigenwillig, neigt es zu aggressivem Verhalten, kann es Gefahren zutreffend einschätzen, in welchem Maß kann vernunftgesteuertes Verhalten erwartet werden?)

2. auf die Verhältnisse beim Aufsichtspflichtigen

So kann von einer Mutter, die fünf minderjährige Kinder hat, nicht das gleiche Maß an Aufsicht erwartet und gefordert werden wie von einer Mutter mit einem Kind; allerdings dürften die Maßstäbe bei Tagesmüttern hier enger sein, da sie grundsätzlich selbst entscheiden, wie viele Kinder sie in Kindertagespflege aufnehmen, und diese Aufgabe entsprechend gewachsen sein müssen.
3. auf die äußeren Umstände, die örtlichen und räumlichen Gegebenheiten
Viel befahrene Durchgangsstraßen oder ländliche Gegend mit geringem Verkehrsaufkommen.

Entscheidend ist immer der konkrete Einzelfall !



Rechtliche Folgen der Aufsichtspflichtverletzung:

Eltern haften auf Grund ihrer Aufsichtspflicht für alle entstehenden Schäden, wenn die Vernachlässigung dieser Aufsichtspflicht zu den entstandenen Schäden geführt hat.

Entsteht einem außen stehenden Dritten – beispielsweise dem Nachbarn – durch die Verletzung der Aufsichtspflicht ein Schaden, ist dieser Schaden durch eine bestehende Privat-oder Familienhaftpflichtversicherung der Eltern abgedeckt. Schäden, die dem Kind selbst oder am Eigentum der versicherten Person entstehen, sind dagegen in der Regel von der Familien - Haftpflichtversicherung ausgeschlossen.

Die Aufsichtspflicht der Eltern wird von den Eltern auf die Tagespflegeperson übertragen, wenn diese die Betreuung der Kinder in Abwesenheit der Eltern übernimmt.

Erfüllen Eltern oder Tageseltern ihre Aufsichtspflicht nicht oder nur schlecht, können sie - unter Umständen auch neben dem aufsichtsbedürftigen Kind - haftbar gemacht werden.

Betreut die (angestellte) Kinderfrau das Kind im Haushalt der Eltern, können Schäden außen stehender Dritter, die auf Grund einer Aufsichtspflichtverletzung der Kinderfrau (als „Hausangestellte“) entstehen, unter Umständen durch die Privathaftpflicht der Eltern gedeckt sein. Ob dies der Fall ist, ergibt sich aus den Versicherungsbestimmungen, die der Versicherungspolice beigefügt sind. Es lohnt sich, die Bestimmungen genau durchzulesen und sich gegebenenfalls Rat und Auskunft bei der Versicherungsgesellschaft einzuholen. Es ist außerdem empfehlenswert, Auskünfte schriftlich einzuholen, sodass man im Ernstfall darauf zurückgreifen kann.

Schäden, die dem Kind selbst oder am Eigentum der versicherten Person entstehen sind dagegen in der Regel nicht durch die Privathaftpflichtversicherung der Eltern abgedeckt.

Aber auch Schäden, die außen stehenden Dritten entstehen, werden dann nicht von der Haftpflichtversicherung der Eltern gedeckt, wenn die Kinderfrau das Tagespflegekind außerhalb – d.h. im eigenen Haushalt – betreut. Die Haftpflichtversicherung der Eltern greift dann gar nicht. Die Privathaftpflichtversicherung der Kindertagespflegeperson tritt in solchen Fällen auch nicht zwingend nicht ein, da die Kindertagespflegeperson mit der Kinderbetreuung i.d.R. eine selbstständige Tätigkeit ausübt, die von einer Privat -Haftpflichtversicherung nicht unbedingt erfasst wird.

Die Tagespflegeperson sollte deshalb in jedem Fall bei der eigene Privathaftpflichtversicherung anfragen, ob diese für die übernommene Aufsichtspflicht hinsichtlich des Tageskindes eintritt bzw. entsprechen erweitert werden kann. Sie sollte sich ggf. die entsprechende Klausel nennen lassen und überprüfen, ob der dort beschriebene Versicherungsschutz ihren Bedürfnissen entspricht. Die Klauseln der einzelnen Unternehmen sind zum Teil sehr unterschiedlich. Sollte die Versicherung nicht erweitert werden können, kann über den Kinderbetreuungsservice eine solche Versicherung für 10,- Euro im Jahr abgeschlossen werden.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch ein Kind für den entstandenen Schaden haftbar gemacht werden. Dies kann der Fall sein, wenn das Kind mindestens 7 Jahre alt (bzw. im fließenden Straßenverkehr 10 Jahre alt) ist und die Einsichtsfähigkeit in sein Tun hatte. Schäden, für die das Kind haftbar gemacht werden kann, sind von der Familienhaftpflicht der Eltern umfasst. Hierbei spielt es keine Rolle, von wem das Kind betreut wurde. Dies kann lediglich für die Frage relevant sein, ob neben dem Kind eventuell noch eine Person wegen der Verletzung der Aufsichtspflicht haftet.

Hat das aufsichtsbedürftige Kind einem Dritten einen Schaden zugefügt, geht das Gesetz zunächst von der
Vermutung aus, dass der Schaden auf einer unzureichenden Aufsichtsführung beruht.
Es obliegt dem Aufsichtspflichtigen, diese Vermutung zu widerlegen und sich zu entlasten. Er kann sich von der Haftung befreien, indem er entweder beweist, seiner Aufsichtspflicht genügt zu haben, oder den Nachweis erbringt, dass der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtserfüllung entstanden wäre (§ 828 Abs. 1 S. 1 BGB).

Ist
Schadensersatz zu leisten, so hat der Ersatzpflichtige grundsätzlich den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn das zum Schaden führende Ereignis nicht eingetreten wäre (§ 249 BGB). Statt dieser Wiederherstellung kann in der Regel Ersatz in Geld verlangt werden.
Bei
Sachschäden sind dabei nicht nur die Reparaturkosten, sondern auch ein Ausgleich für einen eventuellen Minderwert der Sache zu ersetzen.
Bei
Personenschäden umfasst der Ersatzanspruch sowohl die Behandlungs- und Krankheitskosten als auch einen eventuellen Gewinn- oder Verdienstausfall. Darüber hinaus kommt die Zahlung von Schmerzensgeld in Betracht (§ 253 Abs. 2 BGB). Der zukünftige Ausfall der Erwerbstätigkeit wird durch eine Geldrente ausgeglichen, die unter bestimmten Voraussetzungen in Form einer Kapitalabfindung gewährt werden kann (§ 843 BGB).



Unfallversicherung des Kindes:

Gemäß § 2 Nr. 8a SGB VII werden Kinder „während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 Achten Buches“ in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung miteinbezogen.

Sie unterstehen dann – wie Kindergarten- und Schulkinder – bei Unfällen während der Betreuung sowie bei Wegeunfällen (zur und von der Tagespflegeperson) dem Schutz der Unfallkasse Hessen (dies betrifft allerdings nur Personenschäden, keine Sachschäden).



 
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